Gemeinsame Freude
Zum 10-Jährigen feierte der LIONS Club Landshut-Wittelsbach einen rundum gelungenen, wunderschönen Abend mit vielen LIONS-Freunden, Familienangehörigen, Freunden, Förderern, Ehrengästen... Und Landtagspräsidentin Barbara Stamm als Festrednerin.
Rede im Wortlaut
Sehr geehrte Frau Fürst, [Präsidentin des LIONS Clubs Landshut- Wittelsbach], sehr geehrter Herr Kiarass, [Past-Präsident des LIONS Clubs Landshut- Wittelsbach], sehr geehrte LIONS-Mitglieder, sehr geehrte Festgäste, ich freue mich sehr, heute hier zu sein, und gemeinsam mit Ihnen das 10-jährige Bestehen des LIONS Clubs Landshut-Wittelsbach zu feiern und Ihnen zu diesem erfreulichen Jubiläum auch die Glückwünsche des Bayerischen Landtags zu überbringen.
Vor rund drei Jahren hat sich ein Journalist der Wochenzeitung „Die Zeit“ anlässlich eines LIONS Jubiläums Gedanken über den LIONS Club an sich gemacht. Vor allem hat er intensiv nach einer passenden Beschreibung gesucht, also etwas Charakteristisches, was die Organisation auszeichnet. Für die meisten Organisationen gibt es Ergänzungen, die in aller Kürze deren Wirken auf den Punkt bringen. Beim LIONS Club ist das schon etwas schwieriger.
Der Journalist ist aber trotzdem zu einem Ergebnis gekommen – einem Ergebnis, das sehr treffend ist – wie ich finde. Ausgangspunkt ist ein bekanntes Zitat des früheren amerikanischen Präsidenten Kennedy. Sie alle werden es kennen. Es lautet (ich zitiere):
„Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frage, was Du für Dein Land tun kannst.“
Kennedy ging es um die Vergegenwärtigung von staatsbürgerlichen Pflichten bei jedem einzelnen Bürger und jeder einzelnen Bürgerin. Denn letztlich hat er richtig erkannt, dass unsere Gesellschaft kein beliebiger Zusammenschluss von Menschen ist, sondern eine Schicksalsgemeinschaft, in der das Wohlergehen des Einzelnen am Wohlergehen aller hängt. Und aus diesem Gedanken heraus kam der Journalist zu dem treffenden Schluss, den LIONS Club als eine kennedianische Vereinigung zu sehen.
Denn die Mitglieder des LIONS Clubs gehören zu denjenigen, die etwas beitragen wollen, statt darauf zu hoffen, verschont zu bleiben. Die LIONS werden selbst aktiv statt staatliche Versorgung einzufordern. Das ist vorbildlich, vor allem dann, wenn die einen fragen, wie sie am wenigsten für dieses Land tun können, und die anderen, wie das Land am meisten für sie tun kann.
In Landshut haben Sie sich während der vergangenen zehn Jahre in vielfältiger Weise engagiert. Dabei haben Sie besonderen Wert auf eine dauerhafte Unterstützung von Projekten und Initiativen gelegt, die nachhaltig wirken.
Mit großer Kreativität und beeindruckendem Einsatz organisieren Sie Jahr für Jahr zahlreiche Veranstaltungen, mit denen Sie die Bürgerinnen und Bürger für caritatives Wirken sensibilisieren. Zugleich bereichern Sie mit ihnen das gesellschaftliche Leben hier in Landshut in großartiger Weise. Ich nenne hier nur den Benefiz-Ball „LA Notte“ und Ihren Benefiz-Lauf, bei dem Sie heuer – wie zu lesen war – ja einen neuen Teilnehmer-Rekord verzeichnen konnten. Mit den Erlösen dieser und anderer Aktivitäten helfen Sie insbesondere zahlreichen Kindern und Jugendlichen, die – aus welchem Grund auch immer – besonderer Unterstützung bedürfen.
Und ganz außerordentlich freut mich Ihr Engagement für DONUM VITAE. Sie wissen vielleicht, dass mir die Sache der Schwangeren-Konflikt-Beratung sehr am Herzen liegt. Schon bei der Gründung habe ich mich für diesen wichtigen Verein eingesetzt und seine Entwicklung während der vergangenen Jahre kontinuierlich begleitet. DONUM VITAE kann dank Spendern wie Ihnen seit 2001 wertvolle Beratungsangebote machen und zahlreichen Frauen in schwierigsten Lebensphasen zur Seite stehen. Für Ihre großzügige Unterstützung sage ich Ihnen an dieser Stelle ein herzliches Vergelt `s Gott.
Die Mitglieder des LIONS Clubs übernehmen Verantwortung in den unterschiedlichsten Bereichen. Und damit gehören Sie zu den Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in Bayern und in ganz Deutschland, die sich ehrenamtlich engagieren. Wie wichtig dies ist, haben gerade die Monate gezeigt, in denen der Flüchtlingsstrom nach Deutschland und vor allem nach Bayern besonders spürbar war. Ohne den Einsatz der Haupt- und vor allem der Ehrenamtlichen wäre diese riesige Herausforderung nicht zu bewältigen gewesen. Und auch die enorme Aufgabe der Integration ist ohne die Freiwilligen in Zukunft nicht zu stemmen.
Verantwortung gehört zu den Werten, für die das Wirken der LIONS-Mitglieder steht. Verantwortung leitet uns durch ein sinnstiftendes Leben. Wer Verantwortung übernimmt, kann gestalten, kann bewahren, kann verändern – so wie es auch der LIONS-Club in Landshut im vergangenen Jahrzehnt unter Beweis gestellt hat: Gemeinsam Traditionen pflegen und Offenheit für das Neue beweisen. Wer Verantwortung übernimmt, ist auch Vorbild für andere.
Nun ist manches, was sich einfach anhört, in der Wirklichkeit etwas komplizierter, insbesondere in dieser Zeit voller Herausforderungen. Wir leben in einer Zeit mit Veränderungen, die einen Umfang, eine Dynamik und eine Geschwindigkeit ohne gleichen aufweisen. Dies wiederum hat Auswirkungen auf viele unserer Lebensbereiche.
Zum ersten Mal leben wir in einer Welt, in der es zwar Grenzen gibt. Aber es sind Grenzen, die überwindbar sind – und wenn etwas grundsätzlich möglich ist, dann wird es auch gemacht.
Innerhalb eines Tages können wir heute fast jeden Ort auf dem Globus erreichen und innerhalb kürzester Zeit können wir jede Menge Informationen von dem einen Ende der Welt ans andere bringen, was früher Wochen, Monate und noch weiter zurück Jahre gebraucht hätte.
Wer meint, das führe zu Reaktionen der Freude, der irrt. Die meisten Bürgerinnen und Bürger reagieren darauf mit gemischten Gefühlen. Man spürt eine Verunsicherung, sich ausdrückt im Auseinanderdriften der Gesellschaft, im Vertrauensschwund gegenüber politischen Institutionen und gegenüber bestimmten Berufssparten wie Politikern oder Bankern, in der Sorge um die Zukunft der Kinder. Dabei geht es um die Ausbildung und um berufliche Perspektiven, um eine Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, um eine bezahlbare, sichere Energieversorgung und vor allem um Gerechtigkeit. Nach einer Bertelsmann- Untersuchung sind gut 70 % der Menschen in Deutschland der Auffassung, dass es in unserem Land nicht gerecht zugeht.
Und der Anteil der Menschen in Deutschland, die die Globalisierung für eine Errungenschaft halten, von der sie sich persönlich mehr Vor- als Nachteile versprechen, liegt niedriger als in den meisten anderen europäischen Ländern. Und das – obwohl wir wirtschaftlich gesehen – zu den „Gewinnern“ der Globalisierung gehören. Wahrnehmung und Wirklichkeit klaffen deutlich auseinander.
Die seit langem stetig um sich greifende Ökonomisierung aller Lebensbereiche führt uns offensichtlich nicht in eine Zukunft, die von allen als lebenswert empfunden wird. Es ist einiges aus dem Gleichgewicht geraten, was unsere Gesellschaft bisher getragen hat – sozial, kulturell, ökologisch. Diese Balance müssen wir wieder finden – in vielen Bereichen.
Wenn wir zum Beispiel über die Arbeitswelt von morgen sprechen, dann brauchen wir mehr Sensibilität für die unterschiedlichen Lebenslagen der Menschen. Das ist auch eng verknüpft mit dem Gerechtigkeitsgefühl der Menschen. Es ist unsozial, wenn sich manche auf Staatskosten in der vielfach zitierten „sozialen Hängematte“ bequem machen. Umgekehrt dürfen wir allerdings auch nicht hinnehmen, dass Menschen trotz eines Vollzeitjobs zu wenig verdienen, um damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Oder ich denke an junge Familien und frage mich, ob sie wirklich in der Arbeitswelt willkommen sind. Ich habe den Eindruck, dass sich die meisten immer noch der Arbeitswelt anpassen anstatt umgekehrt.
Die Probleme und Herausforderungen in unseren Gemeinden, Städten, in unserem Freistaat lassen sich nicht lösen, wenn wir den Vertrauenskonsens aufkündigen. Zutrauen und Vertrauen hat etwas mit Wertschätzung zu tun – schätzen, was der andere denkt, was er kann und was er im Rahmen seiner Möglichkeiten leistet.
Zutrauen ist keine nette Geste gegenüber unseren Mit- menschen – das ist eine Frage des Umgangs miteinander und damit eine Frage der Menschen- würde; das gehört zum Fundament einer Gesellschaft. Wer zum Beispiel in der Jugendarbeit tätig ist, weiß am besten, dass Kinder und Jugendliche, denen man etwas zutraut, ungeahnte Fähigkeiten an den Tag legen. Soll das etwa für Erwachsene nicht gleichermaßen gelten?
Natürlich machen Menschen Fehler – aber zur Wert- schätzung eines Menschen gehört auch, ihm trotz der Fehler weiterhin etwas zuzutrauen, ihm zu vertrauen. Das Zutrauen brauchen wir im Privaten wie im Beruflichen. „Trau dich und mach“ – diese innere Stimme ist umso lauter, wenn wir wissen, dass es Menschen gibt, die an uns glauben.
Wie wir miteinander umgehen (Arbeitgeber mit Arbeitnehmer, Eltern mit Lehrern, Banker mit Klein- sparern – um nur einige Beispiele zu nennen) – das ist ein Teil der Wertschätzung.
Es gründet darauf, dass jeder Mensch dieselbe Würde hat, unabhängig von seiner Nationalität, von seinem Alter, seiner Religion, seiner Gesundheit oder gar seiner Nützlichkeit für die Gesellschaft. Gerade in grundlegenden ethischen Fragen, die den Anfang und das Ende des Lebens betreffen, erfahren wir immer, dass dies nicht selbstverständlich ist. Wir haben überall - auch in der Politik - konkurrierende Wertvorstellungen.
Dieses Menschenbild, in dem jeder Mensch dieselbe Würde hat, zu übertragen auf die Alltagskultur, das gehört auch zu den Aufgaben von Führungsverantwortlichen. In der Alltagskultur ist es letztlich der Respekt vor dem anderen und seinem Anderssein. Und hier sehe ich gerade auch Sie in der Verantwortung, die heute bereits oder auch in Zukunft mit ganz unterschiedlichen Menschen arbeiten werden. Sie haben dabei einen entscheidenden Vorteil. Denn Sie haben bereits in Ihrer Bewegung erfahren, mit unterschiedlichen Charakteren klar zu kommen, eigene Ideen durchzubringen, ohne die der anderen außer Acht zu lassen. Den anderen oder die andere zu verstehen, füreinander einstehen – das stärkt für die Herausforderungen des Lebens. Als Mitglieder eines LIONS-Clubs erleben Sie auch das, was Gemeinsamkeit und Verbundenheit ausmachen. Denn das freundschaftliche Miteinander ist die Grundlage für den Dienst am Nächsten, so lautet eines der zentralen Prinzipien der LIONS-Bewegung. Und gemeinsam leben Sie die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten.
Respekt voreinander, freie Entfaltung der vielfältigen Solidaritätspotentiale, der Schutz des Lebens in jeder Phase und in seinen vielfältigen Erscheinungsformen, die Bewahrung der Menschenwürde auch in Grenzsituationen des Lebens, gleichgültig, ob es sich um eine Behinderung, eine schwere Erkrankung, ein Scheitern im Lebensalltag handelt, den Mensch auch in seiner Fehlerhaftigkeit, in seinen Grenzen und damit in seiner Ganzheit zu akzeptieren – das sind unverzichtbare Werte in unserer Welt. Und es sind unverzichtbare Werte für ein friedliches Zusammenleben auf Augenhöhe.
Anrede
Für mich persönlich ist das christliche Menschenbild Wegweiser und Orientierung zur Gestaltung einer humanen Zukunft – gerade auch in der Politik; es ist Quelle meiner Überzeugungen und auch Quelle meiner Überzeugungskraft und es ist ein unverzichtbarer Kompass zur Orientierung.
Zum Beispiel wenn es um grundsätzliche Fragen geht:
Die Lebenswissenschaften verheißen uns großartige Fortschritte bei der Heilung von schweren Krankheiten. Zugleich bergen sie aber auch große Gefahren, weil sich die Möglichkeit des Zugriffs durch den Menschen auf den Menschen entwickelt, und zwar, dass der Mensch substantiell verändert wird.
Dann gelangen wir ganz schnell zur Debatte um lebenswertes und nicht lebenswertes Leben. Wie ein roter Faden durchzieht es im wahrsten Sinne des Wortes unser Leben: Schwangerschaftsabbruch, Sterbebegleitung bzw. Aktive Sterbehilfe. Auch hier ist für mich die Menschenwürde der wichtigste Orientierungspunkt.
Wir dürfen aber nicht nur moralisierend den Zeigefinger heben, sondern stehen auch in der Verantwortung, konkrete Hilfe anzubieten; wir dürfen die Menschen nicht alleine lassen (z.B. Ausbau der Palliativmedizin und –pflege sowie der Hospize oder Hilfen für junge Mütter, Erziehungshilfen, finanzielle Hilfen). Das gilt nicht nur für Fragen um Leben und Gesundheit.
Anrede
An diesem Ort und zu diesem Anlass ist es mir ein besonderes Anliegen, noch einmal auf die Bedeutung der Bildung einzugehen, weil ich weiß, wie sehr sich der LIONS-Club Landshut-Wittelsbach für Kinder und Jugendliche einsetzt.
Kinder sind unsere Zukunft – hier und überall auf der Welt. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass alle Kinder ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können. Bildung ist zunächst einmal Wissen. Wichtig ist, dass Wissen vermittelt wird, mit dem man sich neues Wissen erschließen kann. Schule sollte Horizonte erschließen, die sich einem jungen Menschen nicht von selbst erschließen; Wissen vermitteln, das sich nicht von selbst vermittelt. Wissen und Können, Erfahrung, Abwägungen und Entscheidungsfähigkeit sind die eine Seite der Bildung.
Bildung beinhaltet aber auch, Orientierung zu vermitteln. Was ist der Mensch? Woran orientiere ich mich in einer globalisierten Welt, in einer Vielfalt von Kulturen und Religionen? Wie lebe ich Freiheit und Verantwortung in einer Gemeinschaft mit anderen? Wie erfahre ich Freiheit, wenn es nicht Beliebigkeit sein darf? Die Freiheit, die den jungen Menschen vermittelt werden soll, beinhaltet, gestalten zu können, Selbstbewusstsein und daraus wiederum Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln. In der Bildung darf es nicht in erster Linie um den Nutzen gehen, sondern um die Haltung und um die Würde.
Diese Bildung ist anspruchsvoll. Sie braucht viel: Chancengerechtigkeit, Raum, Zeit, Wertschätzung, einen gesellschaftlichen Konsens und viele Unterstützer. Deshalb kann ich Sie alle ermuntern: Tragen Sie dort, wo Sie in der Verantwortung stehen, mit dazu bei, dass Bildung im umfassenden Sinn gelingt, bei uns und überall. Denn der Reformator, Theologe, Pädagoge und Humanist Philipp Melanchthon hat einmal gesagt:
„Kein Bollwerk und keine Befestigung machen eine Stadt stärker als gebildete, kluge und mit anderen Tugenden begabte Bürger“.
Ihnen allen danke ich von Herzen für Ihr wichtiges Engagement und wünsche Ihnen, dass Sie Vieles, was Sie sich vorgenommen haben, umsetzen können, dass sich Ihr LIONS-Club weiter entwickelt und seinen Prinzipien treu bleibt.
Albert Schweitzer hat wunderbar auf den Punkt gebracht, was Sie Tag für Tag leben (ich zitiere):
„Schafft Euch ein Nebenamt, ein unscheinbares, vielleicht ein geheimes Nebenamt.
Tut die Augen auf und sucht, wo ein Mensch...
...ein bisschen Zeit,
...ein bisschen Teilnahme,
...ein bisschen Gesellschaft,
...ein bisschen Fürsorge,
...ein bisschen Arbeit eines Menschen braucht. Es ist Dir bestimmt, wenn Du nur richtig willst.“
Herzlichen Dank an den LIONS Club Landshut- Wittelsbach für zehn Jahre „gelebtes Nebenamt“ im Sinne von Albert Schweitzer und alle guten Wünsche für die Zukunft!