Von Uli Karg
Auf eine „Welt, die aus den Fugen geraten ist“ nahm Landtagspräsidentin Barbara Stamm am Samstag vor dem Hintergrund der schrecklichen Ereignisse in München Bezug. In ihrer Festrede zum zehnjährigen Gründungsfest des LIONS CLUB (LC) Landshut-Wittelsbach appellierte Stamm angesichts einer durch die Globalisierung stark verunsicherten Bevölkerung auf die staatsbürgerschaftliche Pflicht jedes Einzelnen. Konkret umgesetzt werde diese unter anderem von den Lions: „Ihre Mitglieder sind jene, die selbst aktiv werden statt staatliche Verordnungen zu fordern.“
Dass diese von Stamm so gepriesene Aktivität nur in einem intakten Team möglich ist, machte der scheidende Präsident des LC Landshut-Wittelsbach, Kambiz Kiarass, mit einem aristotelischen Aphorismus deutlich: „Freude an der Arbeit lässt das Werk trefflich geraten.“
Kiarass begann die zweieinhalbstündige Jubiläumsfeier im Rathausprunksaal mit einer Schweigeminute für die Opfer des Amoklaufs im Olympia-Einkaufszentrum und für das vor kurzem verstorbene Lions-Wittelsbach-Gründungsmitglied Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, um nach seiner Begrüßung Oberbürgermeister Hans Rampf, auch er ein Lions-Mitglied, das Wort zu übergeben. Woraufhin dieser dem Club in seinem Grußwort dann auch gleich die Unterstützung der Stadt über seine Amtszeit hinaus zusicherte: „Was Sie hier leisten, muss man jeden Tag ehren und loben.“ Distrikt Governor Dr. Peter Gröger lieferte in seinem Grußwort einen kurzen historischen Abriss der Geschichte des vor hundert Jahren in Chicago gegründeten Service-Clubs, der bis heute auch mit Vorurteilen zu kämpfen habe. Gröger stellte daher nochmals klar: „Wir sehen uns nicht als Gesellschaftslöwen, sondern setzen uns für das Wohl der Gesellschaft ein.“ Eine der diesbezüglich erfolgreichsten Aktionen des LC Landshut-Wittelsbach ist wohl die Benefizveranstaltung „Landshut läuft“, die in diesem Jahr einen Teilnehmerrekord erreicht hatte, und die auch Thomas Bader, Past-Präsident des Patenclubs LC Landshut, in seinem Grußwort hervorhob.
Stamm: „Dürfen uns nicht entmutigen lassen“
Vom „hohen Engagement und dem nachhaltigen Einsatz“ der Mitglieder des LC Landshut-Wittelsbach schwärmte Barbara Stamm dann in ihrer Festrede. Gleichzeitig nutzte Stamm die Gelegenheit, angesichts einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche und dem Auseinanderdriften der Gesellschaft die vehemente Forderung zu stellen, die Würde des Individuums wieder in den Mittelpunkt menschlichen Handelns zu stellen: „Trotz der immensen Herausforderungen, die sich durch die Globalisierung und die Flüchtlingsströme stellen: Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen und müssen das miteinander stemmen.“ Ausdrücklich hob Stamm, die auch Vorsitzende des bayerischen Lebenshilfe-Landesverbandes ist, das Engagement ihrer Gastgeber für Donum Vitae hervor.
Von Bedeutung sei in diesem Zusammenhang aber auch: „Je besser wir das geborene Leben beschützen, desto glaubwürdiger schützen wir auch das ungeborene.“ Ihr selbst diene das christliche Menschenbild als Wegweiser und Orientierung zur Gestaltung einer humanen Welt. Unabdingbar sei es hierbei, dem Einzelnen Wertschätzung entgegenzubringen – und dies bereits von Kindheit an. „Unsere Kinder- und Jugendpsychiatrie platzt aus allen Nähten. Da mus man sich fragen: Wo bleibt die Zuwendung, die auch für Zugehörigkeit sorgt ?“, fragte Stamm, die damit auch auf den 18-jährigen Amokläufer aus München anspielte. Laut Stamm müsse die grundsätzliche Frage danach gestellt werden, was Kinder bräuchten. „Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wir die Kinder oft zu wenig im Blick. Es muss möglich sein, dass junge Väter mehr Zeit für ihre Kinder haben.“
Nur wer Verantwortung übernehme, sei auch ein Vorbild für andere – eine Sichtweise, die Stamm auf das ehrenamtliche Engagement der Lions anwendete: „Ich danke Ihnen von Herzen für Ihr großartiges, ehrenamtliches Engagement.“
Cornelia Fürst, die neue Präsidentin des LC Landshut-Wittelsbach, blickte in ihrer Ansprache nochmals auf die Gründung des gemischten Clubs zurück, der mit seinen 36 Mitgliedern heute zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern aus Landshut und Umgebung besteht, die aus allen Bereichen der Gesellschaft kommen.
In einer Präsentation gaben die Past-Präsidenten dann noch einen Überblick über die wichtigsten Projekte und „Activities“ des Clubs: Dazu gehören unter anderem bedarfsgerechte Angebote für die Flüchtlingshilfe, die Betreuung von Familien mit früh- oder risikogeborenen Kindern, die Unterstützung von Grundschulkindern mit Entwicklungsverzögerungen oder die Unterstützung der Kinder-Palliativ-Hilfe.
Förderprojekte in Stadt und Region Landshut
„Jeder ehrenamtliche Einsatz ist so ein Baustein zur Finanzierung und Verwirklichung dieser für die Gesellschaft so wichtigen Förderprojekte für Kinder und Jugendliche bei uns in Landshut und in der Region“, sagte Fürst. Was die „Activities“ betraf, hatte Past-Präsident Prof. Dr. tephan Holmer dann noch eine Überraschung parat: Start und Ziel von „Landshut läuft“ werden sich im kommenden Jahr erstmals am Landshuter Rathaus befinden.
Für ein besonderes Vergnügen sorgte Julius Rathmeyers BTB Big-Band, deren Swing die Redner noch während der Veranstaltung zu Lobeshymnen hinriss. Die Big-Band hatte bereits vor zehn Jahren zur Gründungsfeier des LC Landshut-Wittelsbach im Weißen Saal der Burg Trausnitz gespielt – damals noch als Schülerband der Staatlichen Realschule.